Donnerstag, 14. März 2019

Heimlich verlassen

Neulich fiel mir auf, daß mich meine langjährige Gefährtin, die Morgendepression einfach still und heimlich verlassen hat.

Ich weiß nicht, ob sie es mit mir einfach nicht mehr ausgehalten hat - möglich wäre es!
Denn seit 3 Jahren habe ich sie jeden Morgen mit Lobpreismusik gequält. Feiert Jesus und so. 

Schon im Badezimmer beschallte ich sie mit meinem mobilen Bluetooth-Lautsprecher, beim Rasieren, Zähneputzen und unter der Dusche.
Da musste sie so unerträgliche Texte wie: Jesus heilt und befreit; er vergibt dir alle Sünden und nimmt dich an wie du bist. Der Vater im Himmel tröstet dich und trägt dich durch und vieles andere an ermutigenden Dingen hören. Ständig, immer wieder.
Vielleicht, ja ganz sicher, schmeckte meiner anhänglichen Gefährtin das überhaupt nicht, so daß sie sich morgens immer schon recht zeitig vom Acker machte.

Aber treu, wie sie nun mal war, stand sie trotzdem jeden Morgen wieder auf der Matte, um mir ihre bleierne, graue Schwere auf die Schultern zu packen, denn ich sei ja ein elender Sünder, der das verdient und braucht, meinte die Morgendepression.
Ihr missfielen auch Dinge, wie mein Frühsport - die Rückengymnastik vor dem Frühstück.
Eigentlich wollte sie mir beim Aufwachen auch immer schon Geschichten über das ganze Übel der Welt erzählen und wie arm ich doch dran sei.

Es passte ihr sichtlich nicht, daß meine ersten Gedanken im Bett schon Gott und seiner Liebe, Treue, Barmherzigkeit und Güte galten! Und wie konnte ich Gott nur für den neuen Tag danken, für seine Größe und das er so gut sei.
Schließlich war er es doch, der mich Jahre und Jahre hängen gelassen hatte und NICHTS zu meiner Rettung unternommen hatte, meinte sie.
Vielleicht hatten ihr auch die Vitamin B12-Spritzen nicht gefallen, die ich im letzten halben Jahr meinem Körper verabreicht habe.
Keine Ahnung, jedenfalls hat mich meine alte Gefährtin klammheimlich verlassen ohne sich ordentlich zu verabschieden! 
Na gut, ich kann auch ohne sie!

Keine Ahnung, ob sie plant früher oder später noch einmal zurück zu kommen - zuzutrauen ist ihr ja alles.
In der Zwischenzeit genieße ich mein Leben und mache so weiter wie bisher, gehe 3mal die Woche zum Fitnesstraining und fahre so viel Fahrrad wie möglich.
Ich mache weiter meine Morgenandacht mit der täglichen Bibellese und höre regelmäßig Predigten im Gottesdienst oder TV und Internet.
Und ich halte Kontakt zu meinen Freunden, Kindern und Kindeskindern.
Eigentlich habe ich gar keine Zeit für eine Gefährtin wie die Morgendepri. Und meine Frau sieht es außerdem nicht gern.
So will ich nun nicht länger lamentieren und forsche ihr auch nicht länger nach. 😄

>>Lesen Sie auch: Morgentief - ansprechen auf eigene Gefahr

Keine Kommentare: